
Digitalisierung in der Zahnmedizin quo Vadis?
Die Kosten-Nutzenrechnung
Die Digitalisierung in der Zahnmedizin hat viele Gesichter: Intraoralscanner zur Abdrucknahme, Zirkon-Fräsmaschine im Labor, Bohrschablonen zum Implantieren und 3D-Drucker zur Modellherstellung. Braucht es das alles? Prof. Dr. med Daniel Buser zieht am Fachkongress „Am Puls der Zeit“ zusammen mit Kollegen Fazit und berichtet von seinen Erfahrungen
Wie in jeder Branche ist die Digitalisierung auch in der Zahnmedizin und Zahntechnik unaufhaltsam. Die Industrie bringt immer wieder neue Maschinen auf den Markt, die verkauft werden müssen. Welche Arbeitsschritte können im Praxis Alltag von der Digitalisierung profitieren?
Am Puls der Zeit
„Am Puls der Zeit“ nennt sich eine Vortragsreihe, die von Thommen Medical organisiert wurde. Unter der Moderation von Dr. Ueli Grunder und Dr. Claude Andreoni wurden spannende Facts und Zahlen zum Thema Digitalisierung in der Zahnmedizin präsentiert. Wie sieht es mit dem Handling und der Rentabilität der neuen Maschinen im Praxis Alltag aus?

Vor- und Nachteile wurden aufgezeigt, worauf ich in diesem Beitrag genauer eingehe.. Aber vorweg, in einem sind sich die Experten einig: Die Digitalisierung ist wertvoll und wichtig. Aber sie macht nicht überall Sinn wie Dr. Thomas Meier feststellt:
Machen Chairside Systeme Sinn?
Die Möglichkeit, dass der Zahnarzt in der Praxis selber Kronen herstellen kann, besteht seit Längerem. Sogenannte chairside Systeme wie Cerec erlebten vor Jahren einen regelrechten Boom. Dies war ein grosser Schritt in der Digitalisierung der Zahnmedizin. Die Referenten sind sich aber einig, dass das Designen und Herstellen von grösseren Arbeiten für den Zahnarzt in den Freizeitbereich gehört. Der Alltag zeige, dass die Rentabilität fehlt. Das Fräsen der monolithischen Einheiten ist das eine, danach wird Zirkon aber behandelt, bemalt und poliert. Zeitraubende Arbeit. Dr. Meier rechnet vor, dass schnell mal 90Minuten vergehen. Aber alles, das so lange dauert sei seiner Meinung nach kein chairside Eingriff. Statt Kronen zu bemalen, kann der Zahnarzt Patienten behandeln. Zudem sei die Ästhetik einer Cerec Krone nicht mit einer von Hand geschichteten Krone aus dem Labor zu vergleichen.
Ich habe noch nie eine zahntechnische Krone selber hergestellt, ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte.
Professor Dr.Daniel Buser, Universität Bern
Auch Dr. Christian Ramel ist überzeugt, nur mit Delegieren könne er den Praxis-Workflow gesund und in Gang halten. Zur Digitalisierung sagt er Jein.




Intraoral Scanner und Digitale Abformung
Jüngeres Objekt der Digitalisierung in der Zahnmedizin ist der Intra-Oral-Scanner. Laut Industrie ein Gerät, mit dem man in wenigen Minuten ganze Kiefer abformt. Vorteil, dem Patienten muss kein Abdruck genommen werden, den dieser oft als unangenehm empfindet. An den Zahnmedizinischen Universitäten konnte man aber feststellen, dass da leider viel versprochen wird und nicht alles so einfach ist.
Der Intra-oral Scanner kann nur 1 bis maximal 3 präparierte Zähne exakt abformen. Grössere Arbeiten sind mit dieser Methode nicht mehr genau. Auch ist der zeitliche Aufwand wesentlich höher als propagiert.
Ein wesentlicher Vorteil der digitalen Abformung ist aber der Komfort für den Patienten. Vor allem bei solchen, die Brechreiz haben. Aber auch für Patienten, die orthodontisch, also mit Spangen versorgt sind, bietet der digitale Abdruck grosse Vorteile. Eine herkömmliche manuelle Abformung ist da sehr schwierig.
Wir sind uns einig, die Digitalisierung ist teuer
Unisono
Kosten der Digitalisierung in der Zahnarztpraxis
Die Digitalisierung hat seinen Preis. In den Zahnarztpraxen geht es in die Hunderttausende die investiert werden müssen. Aber nicht nur die Anschaffungskosten sind hoch, die Digitalisierung muss mit Lizensverträgen etc amortisiert werden.
Zahnarzt Christian Ramel rechnet vor:
Unsere Praxis ist nun seit 7 Jahren ganz digital. Mit Amortisation und Unterhalt sind es jährlich Fr. 35’000.– die wir für Lizensen etc an die entsprechende Firma zahlen. Das ist doch ein rechter Betrag.
Dr. Christian Ramel, Zahnärzte am Rennweg, Zürich
Auch Labors könnten viel Geld ausgeben. Viele verzichten aber auf die teuerste Anschaffung, eine Zirkon Fräsmaschine. Diese braucht viel Platz, ist enorm teuer und wird selten amortisiert.
Wieviel Digitaliserung braucht es es im Zahntechnischen Labor?
Zahntechniker Marco Camin gibt zu, ein Flair für Neuerungen zu haben und ist ein Fan der Digitalisierung. Dennoch rät er Labors, nicht gleich voll aufzurüsten, sondern mal klein anzufangen. Mit einem Scanner könne man Gerüste, den Aufbau des Zahnersatzes, selber gestalten und schicke die digitalen Daten an das Fräslabor. Camin betonte aber, dass es wichtig ist, dass Zahntechniker nicht vermehrt Computer-Designer werden, sondern auch noch das richtige Handwerk beherrschen. Es könne nicht sein, dass gut ausgebildete Schweizer Zahntechniker nur Prothesen-Unterfütterungen und Frontzahn-Kronen als Arbeit bekommen. Die Seitenzahn-Restaurationen hingehen in Billig-Länder geschickt werden. Dies entspreche in keinster Weise unserem Schweizer Qualitätsanspruch.
Wirschaftsstandort Schweiz
Das schadet der Schweizer Wirtschaft, dem hervorragendem Renommee der Schweizer Zahnmedizin und vor allem auch dem Patienten, der eine mindere Arbeit erhält.
Marco Camin der dafür grossen Applaus erhält
Professor Dr. Daniel Buser konnte dem nur beipflichten und betonte, dass nicht nur die Teamarbeit eine wichtige Rolle spielt, sondern eben auch, dass man trotz aller Digitalisierung nicht vergesse zu denken. Denn das nehme einem der Computer nicht ab.
Digital oder Analog? Beispiel Bohrschablone
So lässt Buser zum Beispiel bei der Setzung von Implantaten Bohrschablonen digital anfertigen. Aber so eine Schablone ersetze nie den erfahrenen Chirurgen. In 70% aller Fälle geht es nämlich nicht computer-aided sondern nur brain-aided. Der Chirurg müsse also Fehler in der Schablone rechtzeitig erkennen und dann wissen, wie diese freihändig zu korrigieren sind, damit das Implantat richtig gesetzt ist.
Fazit
Die Digitalisierung ist trotz hoher Kosten längst in der Zahnmedizin angekommen. Sie bringt Vorteile aber so schnell dürfte der Computer die versierte Zahnärztin und Technikerin nicht ersetzen. Ein Hoch auf den analogen Fachmann der technologischen Neuerungen offen gegenüber steht.
Schlusswort
„Egal ob digital oder manuell, es hängt sehr viel von den persönlichen Vorlieben ab. Keine Maschine ersetzt den gut ausgebildeten Behandler. Oder kompensiert mangelndes Wissen. Die Arbeit sollte Spass machen, dann macht es Sinn.“
Schlusswort Dr.Samir Abou Ayash, Universität Bern
2 thoughts on “Digitalisierung in der Zahnmedizin quo Vadis?”
Auch Zahnarztpraxen sollten vermehrt auf Digitalisierung setzen. Natürlich wird in der Zahnmedizin die Technik nicht den behandelnden Zahnarzt ersetzen, soll sie schließlich auch nicht. Ich denke eher, dass durch den Einsatz geeigneter Tools und Software Programme die Arbeit des Zahnarztes effizienter gestaltet werden kann. Vielen Dank für diesen Beitrag!
Guten Tag, vielen lieben Dank für das positive Feedback! Ich finde Sie haben absolut recht. Die Kombination macht es aus. Besten Dank und herzliche Grüsse, Marion Gredig