
Die neuen Fachzahnärzte 2019! Bericht SSRD Jahrestagung
SSRD Swiss Society of Reconstructive Dentistry, 2019
Wie verändern digitale Technologien unsere Arbeitsweise in zahnärztlichen Kliniken, Praxen und Labors? An der SSRD Jahrestagung 2019 legen Experten aus der Wissenschaft und dem Privatsektor Dies anschaulich dar. Das Leitthema lautet: Digitalisierung- Chance oder Trivialisierung?









Monolithisch ohne Chipping an der SSRD Jahrestagung 2019
Fehmer zeigt in seinem Vortrag die Möglichkeiten und Grenzen aktueller CAD/CAM Materialien auf und demonstriert Studien die ergeben, dass beim Keramikschichten winzigste Lufteinschlüsse entstehen. Diese wiederum könnten zu einem Chipping führen. Oder besser gesagt, falls es ein Chipping gibt, ist dies bei der Verblendung. Allerdings meint ZT Fehmer auch, dass Frontzähne weiterhin geschichtet werden sollten, da man nur damit dem hohen ästhetischen Anspruch des Kunden gerecht werden kann.
In 2 Sitzungen zur Krone
Jan Frederik Güth aus Deutschland, stellt The Munich Implant Concept vor. Er erklärt, wie es dank genauer Fall-Planung des Zahntechnikers und mit Hilfe des digitalen klinischen Workflows möglich ist, die Anzahl Sitzungen bis zur Krone auf ein Minimum von 2 zu beschränken. Das – wen überraschts? – gefalle dem Patienten.
Güth lässt an seinem Referat auch Zukunftsmusik spielen und malt aus, wie der Zahnarzt vom Patienten vielleicht einmal in einem anderen Licht gesehen wird. Wenn zum Beispiel die schlechte Nachricht Karies dem Scanner überlassen wird. Man stelle sich vor: Mit Monitoring zur Karieserkennung kann der Zahnarzt dem Patienten sagen: «Schauen Sie, der Scanner meint, hier haben sie Karies!». In diesem Fall wäre der Zahnarzt laut Jan Frederik Güth sozusagen von der Überbringungspflicht des Befundes teilweise entlastet. Und ein «Don’t shoot the messenger»-Effekt damit auszuschliessen, so der Referent augenzwinkernd!
Der Münchner schliesst seinen Vortrag mit der Erkenntnis, dass vieles an AI (Artificial Intelligence) auf uns zu kommt. Für ihn sei es aber wichtiger, patienten-, und nicht zu technologieorientiert zu denken. Er fasst seine Ideologie in einem griffigen Wortbild zusammen. Für ihn ergeben die beiden Begriffe «digital» und «analog» idealerweise einen «Dialog».
Digitales Teamwork
Dr. Christian Ramel berichtet über das digitale Teamwork.








Ramel zeigt auf, wo es in der Praxis Sinn macht, volldigital zu arbeiten. Seit acht Jahren erfassen er und seine drei Kollegen die Krankengeschichten der Patienten volldigital. Alles inklusive müssen sie dafür 35’000 Franken an Lizenzen bezahlen. Effizienter ist Dr. Ramel deswegen nicht, wie er konstatiert, auch sei die Digitalisierung wartungsintensiv. Trotzdem überwiegen für ihn die Vorteile: Platzsparung, Pendenzsystem, Ordnung und da die Krankengeschichten nicht mehr von Hand geschrieben sind können sie nun auch vom ganzen Praxisteam gelesen werden. Eine Aussage, welche das Fachpublikum im Saal mit einem wissenden Schmunzeln quittiert!
Team Battles








Interessanter Programmpunkt an der SSRD Jahrestagung 2019 sind die sogenannten Team-Battles. Hier geht es darum, dass sich junge «Gladiatoren» der Fakultäten für Rekonstruktive Zahnmedizin und von Schweizer Praxen und Labors in einer Art virtuellen Arena miteinander messen. Drei Teams stellen ihren Workflow vor.
Für mich herausragend: Der Beitrag von Dr. Sven Mühlemann und ZT Andrea Patrizi von der Universität Zürich. Mit einem Patienten mit Schmelzdefekten und Schmelzbindungsstörungen. Dabei fertigt Patrizi nach dem digitalen Set Up einen analogen Schlüssel auf dem Gipsmodell an. Somit kann Mühlemann ein direktes Mockup am Patienten herstellen. Und der Patient sieht genau wohin die Reise geht. Dazu wird minimalinvasiv präpariert und die Seitenzähne für absolute Passgenauigkeit aus Wachs gefräst und daraufhin aus Lithium Disilkat gepresst. Bei den Seitenzähnen setzen die Zürcher auf monolithische Rekonstruktionen, die Frontzähne werden mittels Cutback Technik individuell hergestellt.








Eine spannende Kombination von verschieden Werkstoffen und Techniken. Das Publikum geht mit mir einig und kürt dabei das Team Mühlemann / Patrizi als Gewinner der Team Battles mit dem „Goldenen Pinsel“.
Ebenfalls grossen Applaus gab es für die neuen SSRD Mitglieder




Die neuen SSRD Mitglieder: V.l.n.r: Dr. Lukas Bracher, Dr. Samir Abou Ayash, Dr. A. Fiona Forrer, Dr. Aiste Gintaute, Dr. Riccardo Kraus, Dr. Johannes A. Müller, Dr. Nicole Schnider
Fazit SSRD Jahrestagung 2019
Kommen wir zum Schluss noch einmal zur Hauptfrage der SSRD-Jahrestagung: «Chance oder Trivialisierung?». Die Antwort ist zweigeteilt. Einerseits muss man, wie Zahnarzt Ramel sagt, überdenken, welches Tool wo und wann in der Praxis am geeignetsten eingesetzt werden kann. Andererseits, müssen sich Behandler und Techniker fragen , wo die Digitalisierung Verbesserung bringt, ohne dass dabei die Ästhetik darunter leidet. Dabei geht es meiner Meinung nach nicht um einen Grundsatzkonflikt «Mensch gegen Maschine», sondern vielmehr um ein gemeinsames «Mensch mit Maschine». Dadurch ergibt sich für mich erst ein optimaler digitaler Workflow.
Dieser Beitrag erschien in der Zahnzeitung Schweiz ZZS 12/19 erschienen https://epaper.zahnzeitung.ch/de/reader/?/ED5845D9D
Reportage Ausbildungsprogramm Fachzahnarzt Rekonstruktive Zahnmedizin Uni Zürich